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Agnes Streyczek

Eine glaubensvolle, starke und demütige Frau

Seine Frau dürfte sich schon einige Zeit vor 1939 mit der biblischen Lehre beschäftigt haben. Sie war eine glaubensstarke Persönlichkeit. Am 28.08.1956 beschrieb sie rückblickend ihre Einstellung zu der Zeit, da ihr Mann verhaftet werden sollte:
„Ich war aber völlig überzeugt, dass unser himmlischer Vater, für jene die ihm treu bleiben, immer aufkommt. Als ich ihm (Anton – Anm.) diese meine Überzeugung zur Kenntnis gebracht hatte, sah ich zum ersten Mal Tränen in seinen Augen, wobei er bemerkte: 'Jetzt weiß ich alles, jetzt bin ich glücklich, jetzt mag kommen was will.'"

Bezieht selbst Stellung

Brief aus dem KZ

Agnes Streyczek schreibt diesen Brief am 01.06.1941 aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück.

Viel Zeit für die Trauer über den Tod ihres geliebten Mannes blieb nicht. Am 12.06.1940 bekam Agnes Streyczek unerwarteten aber nicht unbekannten Besuch. Zwei Gestapobeamte erwiesen ihr die Ehre und erkundigten sich freundlich nach ihrer Gesinnung - ohne zu vergessen folgendes hinzuzufügen:
„Wenn Sie denselben Glauben haben, dann geschieht Ihnen so, wie Ihrem Mann.“ Ohne zu zögern und sich der Folgen bewusst, bejahte sie dies.
Daraufhin führten die Beamten Agnes Streyczek in das Bezirksgefängnis nach
St. Pölten. Dort verbrachte sie die nächsten sechs Monate ehe sie am 21.12.1940 in das Frauenkonzentrationslager nach Ravensbrück überführt wurde. Später kam Agnes mit dem ersten Frauentransport nach Ausschwitz. Als Häftling arbeitete sie bei den verschiedenen Ärzten, auch bei „Apothekern.“ Sie schrieb:

Im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück

„Einer der letzteren, (Ärzte, Anm.) namens Kroemer (wahrscheinlich ist Dr. Paul Kremer gemeint, außerordentlicher Professor an der Universität Münster, der ab 1942 nach Auschwitz abkommandiert wurde, um dort seine skrupellosen und perversen Forschungen an menschlichen Körpern durchzuführen, Anm.) zog mich eines Tages beiseite und bemerkte: ‚Ihre Hände sind wert vergoldet zu werden. Wenn Sie dieses Schriftstück unterschreiben , sende ich Sie sofort von hier weg nach Hause zu meiner Frau, wo sie als Glied der Familie aufgenommen sein werden.‘
Als ich das Schriftstück durchlas, stellte ich fest, was von mir verlangt wurde, nämlich mich vom christlichen Glauben loszusagen, und die Bibel als Irrlehren enthaltend künftig unbeachtet zu lassen. Hierauf erklärte ich ihm, dass ich so etwas nie unterschreiben würde, da ich erkannt hatte, dass die Bibel Gottes inspiriertes Wort wäre. Er meinte, ich hätte eine Woche Zeit, um zu überlegen; würde ich mich negativ entscheiden, so würde ich vergast werden. Die darauffolgenden Tage wurde ich zusammen mit 80 Glaubensschwestern und 20 Jüdinnen neben einigen politischen Häftlingen in eine Badehalle gebracht.
Nachdem wir uns auf Befehl unserer Kleidung entledigt hatten, marschierten verschiedene Lagerführer herein, wahrscheinlich in der Annahme, Jehovas Zeugen würden nun angesichts des Todes das oben erwähnte Schriftstück unterzeichnen.
Aber, Gott sei Dank, keine einzige von uns unterschrieb. Hernach ließ man für volle sechs Stunden abwechslungsweise eiskaltes und wieder heisses Wasser auf uns niederrinnen. Hernach trat ein SS-Mann herein und befahl: ‚Bibelforscher alle heraus und an die Arbeit gehen!‘
Natürlich waren wir alle froh, lebend aus der Badehalle herauszukommen um dem Herrn weiter treu zu dienen. Apotheker Kroemer meinte, ob uns bei dieser Behandlung nicht die Angst gepeinigt habe, worauf ich ihm klar machte, dass Jehova im Falle einer Vergasung uns auch die Kraft gegeben hätte dies zu ertragen.“

Diese Situation gewährt einen kleinen Einblick in das Innere von Agnes. Ihr Glaubensgebäude überragte die geschwächte und gepeinigte Körperhülle in allen Situationen des KZ-Daseins und nicht nur für den Apotheker Kroemer muss ihr Glaube unübersehbar gewesen sein.

Was immer die Gefangenen mit dem Lila Winkel taten, stets hatten sie die Verherrlichung des höchsten Souveräns im Universum im Sinn. Das brachte Ihnen Anerkennung und Respekt ein. Agnes erinnerte sich einmal:
„Gelegentlich erhielten Lagerbeamte den Besuch ihrer Frauen. Eine derselben wunderte sich, warum ihr Mann sein Geld, sowie Schmuck und andere Wertgegenstände vor den diensttuenden Häftlingen nicht versperrte. Ihr Mann erklärte ihr den Grund hiefür, indem er darauf hinwies, daß Jehovas Zeugen ‚die ehrlichsten Menschen‘ wären und seit ihrer Anwesenheit bei ihm noch nie etwas gefehlt habe. Am anderen Morgen erzählte jene Frau mir, wie dieser Lagerbeamte über Jehovas Zeugen dachte, und ich hatte dadurch auch Gelegenheit ihr über Gottes Vorhaben zu erzählen.“

Agnes erzählte weiter über die Situation im Lager:
„Im Sommer 1942 befanden sich, aufgeteilt in 3 Baracken, 600 Zeugen Jehovas im Lager Ravensbrück in Haft. Die Brüder fühlten sich ziemlich bedrückt ob der knappen Nahrung und der schlechten Behandlung. So beschlossen wir alle, an einem bestimmten Abend, um 20.00 Uhr, zu Jehova zu beten, jeder allein. Am anderen Tag hörten wir, dass in sämtlichen Baracken - insgesamt 22 - die Kinderlähmung ausgebrochen wäre, außer in den 3 Baracken der Brüder. Eines Tages ist die Oberaufseherin Zimmel gekommen nachzusehen, ob wir wirklich alle gesund sind und sagte zu uns: ‚Ihr werdet euch sicher einbilden, daß Euch euer Jehova geholfen hat, was?‘ Obwohl uns dieser Umstand sonderbar berührte, nahmen wir an, daß wir den Schutz Jehovas darin verspüren durften, was unserem bedrückten Geist wiederum einen Aufschwung gab.“

Eine Unterschrift hätte gereicht

Die Bibelforscher (Zeugen Jehovas) hätten sich durch eine Unterschrift auf dieser Erklärung freikaufen können.

Trotz ihrer Glaubensstärke war Agnes Streyczek ein demütiger Mensch. Sie harrte treu aus und verstarb am 10.12.1963 in der Hoffnung, dass sie mit Anton den Dienst für ihren Schöpfer in der „neuen Welt“ werde fortsetzen können. Wie oft wird sie an die letzten Worte ihres Mannes gedacht haben, der schrieb:
„Möge Euch alle unser Allmächtiger Gott beschützen. Seid glücklich und zufrieden solange Ihr beisammen seid. Lebt Wohl auf Wiedersehen in Reiche Gottes.“