Sie sind hier:

Familie Köck

Oswald Franz

Redlinghofer Rudolf

Lebenslauf

Plötzensee

Bilder

Dokumente

Briefe

Presseberichte

Stanzl Hubert

Streyczek Anton

Suchen nach:

Allgemein:

Startseite

Impressum

Kontakt

2. Brief vom 27.11.1939

Klicken Sie hier, um zur Galerie zu gelangen.


2. Brief vom 27.11.1939 im Textformat

Die Wiedergabe dieses Briefes erfolgt wortgetreu in der Originalschreibweise.

Adresse: Frau Redlinghofer Agnes Krems a./d. Donau Ostmark
Stempel: 1 Wien 7, 9.XII.39 21, 5 h
Absender: Abs: Redlinghofer, Berlin, N.W., Alt-Moabit 12 a

Berlin, am 27.XI.1939

Liebe Agnes!

Habe heute den 25.XI. deinen lieben Brief samt Bild Dankend erhalten. Ich war hoch erfreud da ich dachte es sei euch etwas zugestoßen, oder ihr seit etwa krank. Ich habe immer gleich geschrieben wo imer ich auch hinkam. Ich habe dir aus St. Pölten geschrieben daß es unrentabel ist, so weit herzufahren wegen 15-20 Minuten Sprechzeit. Ausserdem konnte ich jeden Tag wegkomen. In hinkunft wirst du dir das überlegen. Ich brauche auch keine wäsche mehr, Ich fühle es mit, daß du und das Kind dich gefreut hättest. Glaube es mir auch ich! Leider! Der Abschied ist nicht allzu schwer. Wissen wir doch um was es geht. Denn Herrn zu lieben ist unser erste Pflicht. Dann komt erst der Nächste. Und wen noch was übrigbleibt die Welt. Hier mich zu Besuchen wäre verschwenderisch, und Unsinn. Spare Zeit und geld. Ich bin ja auch ihm Geiste bei euch, und schließlich nicht alleine hier, sondern, der Herr ist bei mir. Ich bin halt jetzt einmal im Feuerofen des Königs von Babylon, und werde aus dieser Feurigen Prüfung durch die gnade des Allmächtigen als bewährt hervor gehen. Ich bin bereit seinen Willen zu tun, und seinen Ruf zu folgen, was imer der Geist seines erhabenen Sohnes Christi, von mir fordert. Die Schrift sagt im Petri: Deswegen hat auch Christus gelitten, euch ein Beispiel hinterlassend, damit ihr seinen Fusstapfen nachfolget. Die ist mein Ziel, das ich mir gesetzt habe. Der Herr sei mir gnädig! Durch seine seine güte und Barmherzigkeit werden wir uns auch wiedersehen in seinem Königreiche. Paulus sagt: Das Sterben ist mir gewinn, und die Leiden der jetztzeit sind nicht wert verglichen zu werden, mit der herrlichkeit der Zukunft. Und betreffs dir und dem Kinde bin ich ganz ausser Sorge. Denn ich habe bereits mehrmals im Geiste mit dem Herrn darüber gesprochen, und euch seiner gnädigen Obhut empfohlen. Er wird euch auch Segnen. Putzig muß die kleine sein? habe das Foto bekommen, kann leider die Züge nicht mehr genau ausnehmen, weil meine Augen schon sehr schwach werden. Geld habe ich in Wien bekomen. Karte nicht, am 2.XI. war ich noch in St. Pölten. Wen ich geld brauche werde ich es dir mitteilen. Ohne Bezugschein bekomt man hier nichts zu kaufen. Ausgenommen Obst. Es freut mich das ihr gesund seit, ich wiege 62 Kilo und bin sehr alt geworden. Vertausche das Rad für dich. Hänge es aber möglichst an einen Balken, damit die Mäntel sicht abstehen, und fette es mit Staufer ein, damit der Rost nicht weiter frist. Onkel Toni ist Fachmann, er soll dir beim Tausch behilflich sein. Soeben erhielt ich vom Kriegs Gericht den genauen Verhandlungstermin für Donnerstag den 14. Dezember 39 vormittag 9 h nebst einen Rechtsanwalt vom Kriegsgericht. Wenn die Leute im Hause neugirig sind, so sage ihnen ruhig was los ist nur hüte dich vor die Tratschweiber! Für Schnupfen hilft Nasenan. Es freut mich das ihr zum Leben habt. Wie geht es der Frau Wegscheider mit ihren beiden Kindern? Schike meinen Bruder jetzt eine Karte, damit er weis wo ich bin, und du wirst ihm später das Resultat der Verhandlung mitteilen. Wo ist die Cousine hingekomen auf Erholung, ist ihr Mann jetzt Strohwitwer? Hoffentlich wird sich ihr leiden bald bessern. Es dauert immer 8-10 Tage bis ich post bekome, die Strafanstalt ist groß u. die Beamten haben viel zu tun.

Lebt wohl, u. seit alle herzlich geküßt, Extra Bussi für Regina!

euer Rudolf Redlinghofer


Untersuchungsgefängnis
Abt. B.II. Zelle 225
Berlin NW40, Alt-Moabit 12a,